Mission Impossible

Mitte der 90er dominierte eine handvoll Einheimischer Kletterer das Geschehen an der Waidringer Steinplatte. Klaus Harasser, Hubi Fink und Roman Kernmaier waren die wohl treibendsten Kräfte und bohrten unermüdlich eine Traumlinie nach der anderen ein. „Alpengeier“ 10-, geht auf die Kappe des genialen Kletterers und noch genialeren Menschen Hubi Fink, der uns leider viel zu früh verlassen musste. „Piefke Saga“ 9+/10- ein drei Seillängen langer Traum aus grauem Riffkalk, eingebohrt vom legendären Klaus Harasser, auch bekannt als „Meister Eder“. Ich stand ihm einige Sommer als „Pumukel“ bei diversen Tischlerarbeiten zur Seite, „Oiwei wenns zum buggln weascht, mochst di unsichtbar Pumukl“ 🙂 war ein Insider Joke aus dieser schönen Zeit. Und zu gut der letzt Roman Kernmaier, der zum Glück noch voller Energie im Leben steht. Ihm gelang eine geniale Linie im Bereich der sogenannten Westverschneidung zusammen mit Klaus. Die ersten beiden Seillängen im Grad 8+, stellten für die beiden kein großes Problem dar. Die dritte Seillänge bewerteten sie mit 9+, A0. Bei dem ein oder andern Anlass bei dem das ein oder andere Bier ging, erzählte mir Roman immer wieder von der Tour. Erst 2018 stiegen Simon Berger und ich das erste mal ein. Die ersten beiden Traumlängen gelangen uns auf Anhieb. Die 3.Seillänge jedoch kam uns wirklich sehr hart vor. Es war relativ warm, wir konnten die Züge mit „Ach und Krach“ machen, uns war aber klar „Fuck, des wead schwar!“.

2019 verbrachte Simon einen Tag mit seinem Bruder Clemi in der Tour. Ich nutzte einen kühlen Frühlingstag zusammen mit dem starken Innsbrucker Much Mayr. Die Züge fühlten sich schon sehr viel machbarer an, aber irgendwie schafften wir es jedoch, nichtmehr zurück zu kommen.

Bis heuer am 31.Oktober 2020. Simon und ich spazierten zum Einstieg. Fast alles war naß. Nur nicht die „Mission..“. Na dann, wissen wir wenigstens, was wir heute versuchen wollen. Die ersten beiden Längen waren das perfekte Aufwärmprogramm und wieder waren wir beide „geflasht“ von der Schönheit und der Felsqualität. Simon boulderte in der 3.Länge, jedoch nicht bis ganz rauf. Dann boulderte ich durch, es fühlte sich absolut machbar an… Ich kletterte noch im Schnelldurchlauf bis zum Stand, checkte mir die wichtigsten Sequenzen der technischen Kletterei nur schnell und schlampig aus. Dann war Simon an der Reihe, scheiterte knapp im Boulder. Kurze Pause. Mit vollster „Simsator“ Entschlossenheit und ohne Fakeln zog Simon den Boulder durch, dass es nur so raschelte im Latschenwald. Mega Geil!!!! Aber den Ausstieg im Bereich 9+ hatte er sich nicht angeschaut. Ich sagte ihm so gut ich konnte alles an, zum Glück habe ich auch einiges markiert. Es war ein Krimi, doch der „Simsator“ hat zugeschlagen und konnte mit einem lauten Freudenschrei den Stand einhängen. Absolut geile Vorstellung. Aber jetzt da er schon durchgestiegen ist, wollte ich es natürlich auch nochmal wissen. Ich scheiterte arschknapp am letzten Zug im Boulder. Wieder runter. Pause. Erneut sehr knapper Versuch. Das gibts ja nicht. Erneut steige ich ein, die Haut wird immer weniger auch die Kraft wird nicht mehr. Ich stelle die linke Leiste auf bis „zum geht nicht mehr“ strecke mich und erreiche die rettende Leiste und 1cm….NICHT!!!! FUUUCK, ich trete wieder den Abflug an. Das gibts ja echt nicht. Jetzt wird´s spannend ob sich das noch ausgeht. Ich mache eine letzte längere Pause.

Simon motiviert und beruhigt mich zugleich. Voll entschlossen einfach nicht loszulassen, steige ich ein. Das Abendlicht hat seine höchste Intensität erreicht und färbt die Landschaft in ein wunderschönes, unwirklich, warmes Licht. Diesmal bleibe ich tatsächlich noch an der Rettungsleiste hängen. Die Unterarme fühlen sich bereits leer an, doch der Rest verlangt äußerste Aufmerksamkeit. Ich klettere Verkrampft, will es einfach nicht mehr verschenken und rette mich über die wackeligen und technisch pikanten Stellen. Die letzten Züge zum erlösenden Stand haben es nochmal in sich. Links das kleine Seitloch dann weit rechts auf die abschüssige Leiste, ich ziehe hin und bin plötzlich um 20cm zu kurz, OH, OH, jetzt nur nicht die Nerven schmeissen, schnell platziere ich meine Füße um, erreich den Griff stehe aber nicht optimal um den Fuß über den kleinen Bauch zu stellen, ich flie…. NEIN, ich brülle und stelle mit allen Kraftreserven die ich noch habe den Fuß, ich zittere, schnappe unter erneutem Brüllen zur Messerleiste (und wenn das Blut rausspritzt, ich lass nicht aus!, denke ich mir noch) kriege links die nächste kleine Leiste schreie nochmals und mit einem Schnapper nach rechts bekomme ich den guten Griff in die Hand…. Noch den dreckigen Schlurf rauf und AHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH!! Wahnsinn!! Simon brüllt. Ich brülle vor Freude und kann es echt nicht glauben, was das für ein brutaler Kampf das gerade war. Echt abgefahren, was das Klettern nach all den Jahren immer wieder zu bieten hat. Es ist und bleibt einfach meine „erste große Liebe“. Was für ein Tag, nochdazu beide im Team befreit. Geiler gehts nicht. Danke Simon für die ständig geilen Vibes und die geile Zeit.

Fäcts

„Mission Impossible“, Erstbegangen 1995 durch Roman Kernmaier, Klaus Harasser
7a+, 7a+, 8b, 7b
1.Teamrotpunkt: Simon Berger, Guido Unterwurzacher 31.Oktober 2020

Magellan

Bereits 2005 richtete Alex Huber zusammen mit Michi Meisl dies Linie von unten ein. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als mir Alex mit strahlenden Augen von der Felsqualität und dem Abenteuerfaktor der Erstbegehung berichtete.

Sommer 2020

15 Jahre nach der Erstbegehung, Wahnsinn wie schnell die Zeit vergeht, fragte mich Alex schließlich wie es ausschaut und ob ich mit ihm in die Magellan einsteigen will. „Guad schauts aus, da bin i gern dabei!“. Tags drauf hängen wir auch schon in der prallen Sonne und fühlen uns wie Würstchen auf dem Grill. Wir checken noch das 8a Dach aus und seilen anschließend wieder ab. Bis zum nächsten Besuch wollen wir aber nicht wieder 15 Jahre verstreichen lassen, sondern 4 Tage später stehen wir wieder unter der Wand. Wir haben dazu gelernt. Es ist 6:00 Uhr Morgens, perfekte Bedingungen, denn wenn man im Sommer an einer Südwand was zu suchen hat, dann eben ganz in der Früh. Die erste Seillänge zählt bereits zum besten was der Urlkopf zu bieten hat. Traum Fels, 30 Meter lang, kein einziger Bolt und im Bereich 6c+, dazu noch relativ steil. Die zweite Länge erinnert bereits an die ein oder andere glatte Stemmverschneidung im Yosemite, außen glatt und innen perfekte Keilplacements, jedoch eignet sich für diese Länge eine feine Fußtechnik. Das Herzstück ist ein 7 Meter Dach, die Seillänge ist recht kurz aber der Boulder echt genial und für ca. 8a ist das ganze zu holen. Uns beiden gelingt die Seillänge auf Anhieb (nach Auschecken beim letzten mal!) im Vorstieg. Die nächste Länge eine 40 Meter lange 7b+ mit gerade mal 3 Bolts, ist eine Mischung aus Abenteuer und Höchstgenuß. Der Fels und die Kletterpassagen könnten nicht besser sein. Ein Hoch auf Alex, der sich immer wieder unerschrocken dem Neuland stellt und seine Kopfstärke und seine Entschlossenheit unermüdlich an die Wände zaubert. Die letzten beiden Seillängen bewegen sich noch im Bereich 6b, sind aber mit Vorsicht zu klettern, denn stürzen ist nicht gerade eine gute Option.

Facts:

„Magellan“, 7a, 7c+, 8a, 7b+, 6b, 6b
Erstbegangen von unten 2005 durch Alex Huber und M.Meisl
2020 erste Rotpunkt durch Alex Huber und Guido Unterwurzacher

Wir empfehlen einen kompletten Satz Friends bis #3 und mittlere Stopper

BASE – Der Traum vom Fliegen

Bereits als Kind hatte ich immer wieder den gleichen Traum. Ich kann fliegen. Und jedesmal wenn ich munter wurde, wollte ich sofort wieder zurück in den Traum. Schaffte es aber nie…

Wenn man so wie ich, sehr oft durch hohe Wände klettert und oftmals langwierige Abseilaktionen kennt, denkt man sich schon mal, wie einfach es doch wäre, sich mit dem Fallschirm am Rücken an die Kante zu Stellen und einfach abzuspringen…

Die Erzählungen, Bilder und Videos von Freunden die diesen Sport, das B.A.S.E. Springen ausüben, faszinierten mich extrem. Eines war mir sofort klar. Das will ich auch lernen. Doch wusste ich damals noch nicht, wie lange der Weg sein würde.

2015 absolvierte ich meine Ausbildung zum Fallschirmspringer in Wels. Die entspannten Leute, die lebensfrohe Atmosphäre und die Faszination Freifall haben es mir angetan. Ich kann mich noch erinnern, wie angespannt ich die ersten male im Flieger auf dem Weg nach oben war. Doch meine Lehrerin Sieglinde beruhigte mich mit ihrer entspannten Art und einem breiten Grinsen im Gesicht. Dieses Grinsen sollte ich dann auch nicht mehr loswerden. Von Sprung zu Sprung fühlte ich mich sicherer und wohler in der Luft. Nach ca. 70 Sprüngen aus dem Flieger, fühlte ich mich bereit um meinen Fokus auf die Vorbereitungen aufs BASE Springen zu legen. Mein guter Freund Peter Salzmann wurde zu meinem Ansprechpartner und Mentor, wir sprachen uns ständig ab und Peter gab mir sehr wertvolle Tipps, legte für mich das Programm fest und motivierte oder bremste mich, jenachdem was gerade nötig war.

Ein wichtiges Tool beim Springen ist ein sogenannter Tracksuit. Das ist ein Anzug der sich im Freifall mit Luft füllt und somit die Fallgeschwindigkeit in Vorwärtsfahrt umwandelt. Das ist beim Springen von einer Felswand entscheidend, damit man weit weg von der Wand fliegen kann und somit eines der gefährlichsten Szenarien, eine 180 Grad Schirmöffnung nahe der Wand, eliminieren kann. Aber richtiges und effizientes Tracking soll gelernt sein und muss trainiert werden. Das tat ich.

Nach ca. 250 Sprüngen aus dem Flieger fühlte ich mich endlich bereit. Peter und ich machten uns auf den Weg nach Kroatien zu einer 110 Meter hohen Brücke, die sich ideal eignet um die ersten BASE Sprünge zu absolvieren und die Absprungtechnik, auch EXIT genannt, zu perfektioneren. Bevor man aber in die Terminale Geschwindigkeit übergeht, wirft man den Hilfsschirm den „Pilotchute“ und der Spaß ist schon vorbei, denn 110 Meter sind nicht gerade viel.

Nach 10 Sprüngen von der Brücke war Peter happy mit meinen Exits und es kam was kommen musste….

Next Stop – Monte Brento.

Eigentlich fühlte ich mich sehr gut vorbereitet und bereit für meinen ersten Sprung von der Felswand. Als wir am Abend in Dro an der Bar Parete Zebrata ankamen, wurden wir jedoch Zeugen wie eine Russische Springerin am Schirm hängend, mit mehreren Linetwists in die Platten flog und mit riesigem Glück überlebte. Das gab mir einen echten Dämpfer und das ist genau das, was man vor seinem ersten Sprung nicht sehen will. An Schlaf war für mich nicht zu denken und als wir am nächsten Morgen am Exit standen und ich mich zum erstenmal anzählte „3,2,…!“ konnte ich mich nicht fokusieren und mich fallen lassen. Ich wollte mich auf gar keinen Fall zum Sprung überwinden müssen. Ich hatte eine Vorstellung im Kopf wie es sich anfühlen könnte, und das Gefühl an dem Morgen stimmte mit dem Gefühl meiner Vorstellung überhaupt nicht überein. Die Anspannung fiel von mir ab. Das wars. Ich ging zufuß runter. War das ein Zeichen?? Ist das einfach nichts für mich? Dieser Sport ist definitiv nicht für jeden geeignet, vielleicht auch nicht für mich? Wer weiß?

Doch es hat mich einfach nicht losgelassen. Einige Wochen später und nach 2 Sprüngen aus dem Paragleiter, fühlte ich mich dann doch bereit. Peter und ich machten uns erneut auf den Weg nach Arco.

„Und springst morgen?“, so lautete die erste Frage von Peter. Ich wusste es nicht. „Mal schauen!“, antwortete ich, natürlich wollte ich es unbedingt, aber ich dachte mir, wenn ich sage „JA LOGISCH. IST JA NICHTS DABEI VON EINER 1000 METER WAND RUNTERZUSPRINGEN!“, würde er es mir auch nicht abkaufen und der Druck in mir steigt ins unermessliche. Wenn man kurz vor der Realisierung eines Lebenstraumes steht, tauchen auf einmal viele Fragen sogar Zweifel auf, vor allem wenn man, wie in meinem Fall, eine der kompromisslosesten Sportarten überhaupt, sicher betreiben will. Ich bin zuhause noch sichtlich angespannt, aber zum Glück gibt mir meine Freundin/ Frau July noch etwas mit auf den Weg,

„Scheiß di nid an, wenns da nid taugt, gehst halt wieder runter!“. J

Am nächsten Tag bei der Taxifahrt zum Passo San Giovanni war ich sehr in mich gekehrt und musste mit mir ins Reine kommen. Man muss alles ausblenden, die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Tätigkeit, die Tatsache, dass ich zwei kleine Kinder zuhause habe, Familie und Freunde dich sich Sorgen machen, all das steht in Form eines inneren Berges vor dir, den du überwinden muss. Erst wenn du damit klar kommst und du zu 100% davon überzeugt bist, kannst du dich fokussieren, durchatmen und den ultimativen Schritt ins Ungewisse machen.

Mit Peter hatte und habe ich einen wirklich guten Freund und den besten Mentor und Coach den man sich wünschen kann. Er kann auf beinahe 1000 Base Sprünge zurückblicken und mit seiner Erfahrung, seinem Wissen, seiner Geduld und seinem Einfühlvermögen begleitete er mich auf dem Weg meinen Traum zu verwirklichen.

29.November 2019

Bereits zum zweiten Mal gehe ich nun den Weg zum Monte Brento Exit Point. Luki, Peter und ich spazieren hinauf. Die Vibes mit den Jungs sind der Hammer. Heute ist es soweit. Oder auch nicht. Ich weiß es immer noch nicht. Ich will es schaffen, ich will meinen ersten Sprung von der 1000 Meter hohen Felswand machen, aber jetzt da es soweit ist, jetzt wo ich unmittelbar da stehe wo ich all die Jahre stehen wollte, geht es in meinem Kopf ziemlich rund. Werde ich es schaffen?

Oben angekommen, heißt es durchatmen, fokussieren, den Pilotchute, das ist der kleine Hilfsschirm, der den Hauptschirm aus dem Container zieht nochmals sauber zusammenlegen, das BASE Rig anlegen, die letzten Checks machen, ob alles ordnungsgemäß verschlossen ist und dann spazieren Peter, Luki und ich nach vorne. Die Stimmung, das Licht und die Bedingungen sind perfekt.

Ich weiß, jetzt muss alles schnell gehen, sonst ist die Entschlossenheit schnell wieder verflogen und die Zweifel nehmen überhand. Peter steht rechts von mir. Er springt mit Wingsuit. „Du schaffst es!“, sind seine letzten Worte. Ich atme tief durch, fixiere den Horizont, Atme aus, meine Hand greift nochmal zum Handdeploy, ich Atme nochmal aus, vor mir geht es 1000 Meter runter, gähnende Leere. Ich zähle 3,2,1….  und GOO!!

Ich stoße mich kräftig von der Wand ab und mein Körper verlässt den festen Absprungpunkt. Jetzt gibt es kein zurück mehr. Ich fühle den Freifall, fühle die Beschleunigung, sehe in die ganze Wand, es gibt nur noch das Hier und Jetzt. Das ist der Moment auf den ich 10 Jahre hingearbeitet habe. Die Anspannung weicht einem Gefühl der Routine, als ich plötzlich den gewohnten Luftpolster wie aus dem Flieger spüre, ich lege die Hände an und beginne zu fliegen. Was für ein Gefüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüühl.

 Tatsächlich unbeschreiblich. Nach ca. 10 Sekunden greift meine rechte Hand zum Handdeploy. Ich ziehe den Hauptschirm, wenig später ein fester Ruck und PAMM, wie ein Paukenschlag öffnet sich der Fallschirm. Ich kann nicht mehr aufhören vor Freude, Glück und Erleichterung zu schreien. Ein Traum ist wahr geworden, an diesem Morgen am Monte Brento. Ich hänge am Schirm und gleite hinaus zur Landing, plötzlich höre ich ein lautes Zischen, Peter fliegt ca. 10 Meter neben mir vorbei mit 250Km/h, verändert seinen Flugwinkel, beschleunigt damit nochmals und geht dann in einen massiven Flare (Steigflug!) über, zieht seinen Fallschirm, der sich natürlich perfekt öffnet und auch er schreit vor Freude. Absolut IRRE!!!

Ich lande und Peter erwartet mich schon. Ich kann es nicht fassen. Wir jubeln, schreien und umarmen uns. Ich fühle nur noch Dankbarkeit, Erleichterung und Vorfreude. Einige Stunden später stehen wir wieder am Exit, ich bin bei weitem nicht mehr so nervös und angespannt, zähle mich an und springe ab. Ein neues Kapitel in meinem Leben hat begonnen, eine neue Reise, ein neues Abenteuer und ich kann es kaum erwarten endlich wieder oben zu stehen, wenn es heißt, 3,2,1… GO!!

Ich, Luki und Peter nach meinem ersten Sprung vom Monte Brento, Dro, Italien 2019

Seitenweg

Der alte „St.Johannerweg“ an der Südwand der formschönen Hochrubachspitze im Wilden Kaiser? Noch nie gehört? Macht nichts. Mein Kumpel Hechei und ich redeten schon länger von dieser alten Tour, Peter Brandstätter hatte uns schon vor einigen Jahren darauf aufmerksam gemacht, dass diese Tour noch keine freie Begehung hat und vermutlich gehen könnte. Im Spätsommer 2019 machten sich Hechei und ich zum ersten mal auf den Weg zur Südwand. Mit den E-Bikes ist der lange Zustieg beinahe ein Klacks. Da wir uns nicht sicher waren ob die originale Linie, eine Hakenleiter, überhaupt möglich ist, haben wir zur Sicherheit 5 Bohrhaken und die Bohrmaschine mitgenommen. Nach den ersten Seillängen im oberen 5. Grad, war uns bereits klar, der Fels ist der Hammer. Klassische alpine Kletterei vom feinsten, durch schöne Platten, Risse und Verschneidungen brachte uns auf den markanten Absatz. Hier beginnt die Schlüsselseillänge. Die alten Haken sehen nicht mehr sehr vielversprechend aus, doch wollen wir nur an den absolut notwendigen Stellen einen Bohrhaken setzen. Ich klettere soweit ich komme und am Ende der Seillänge muss ich feststellen, dass die original Linie wohl nicht möglich ist. Ich inspiziere die rechte Seite und sehe dort eine logische Griffsequenz. Das sieht wirklich genial aus, sage ich zu Hechei. Ich setze noch einen Bohrhaken, dann überlasse ich Hechei das scharfe Ende des Seils. Nach einer coolen weiteren Passage vollendet Hechei diese Prachtseillänge und setzt den Stand in eine kleine Einbuchtung. Der Weiterweg sieht spannend aus, zumindest die ersten Meter vom Stand weg über eine strukturlose Platte. Da ich in der Seillänge drunter 3 Bohrhaken setzen musste und wir auch am Stand 2 Bohrhaken setzten waren diese Ressourcen erschöpft. So bohrte ich noch ein Loch und band den Bohrer mit einer Schlinge ab. Nicht sehr vertrauenswürdig aber ein Versuch wert. Ein paar mal setzte ich in die glatte Platte an, traute mich aber nicht in den abgebundenen Bohrer zu stürzen. So beschlossen wir, dass wir abseilen und das nächste mal den Bohrhaken setzen. Das Loch war ja schon vorhanden.

Gesagt getan…

Eine Woche später waren wir zurück auf der Ackerlhütte. Ein echt lustiger Abend mit 1-2 Bier und coolen Songs und am nächsten Morgen kletterten wir schon wieder in der Südwand. Die Schlüsselseillänge gelang mir im zweiten Anlauf. Eine technische, beinahe senkrechte Plattenzauberei der Extraklasse, gespikt mit bestem und wirklich rauhen Kaiserfels. Was will man mehr? Sie wird so ca. im Bereich 9/9+ liegen und ist echt der Wahnsinn. Hechei stürzt leider nur ganz knapp und will keinen weiteren Versuch mehr machen. Vom Stand quere ich zum Bohrloch und setze den Haken. Die Stelle danach ist nochmals spannend, man muss nach rechts auf eine Leiste springen und hat fast nichts zu steigen. Nach ein paar Versuchen gelang mir dieser Boulder und der Rest der Seillänge war dann beinahe Genuß. Was für ein Tag. Zufrieden seilten wir ab und der „Seitenweg“ ist ein absolutes MUSS für alle die ein schönes Freikletterabenteuer im 9.Grad suchen.

Facts

„Seitenweg“ 9/9+

Satz Friends bis #3

Erstbegehung: Guido Unterwurzacher und Christian Hechenberger

1.RP: Guido Unterwurzacher

Sansara

Bereits vor 10 Jahren begleitete ich Alex Huber bei der ersten Rotpunktbegehung dieses Meisterstücks am Grübhörndl auf der Loferer Alm. Danach investierte ich 3-4 Tage in die Tour und scheiterte nur knapp an der Schlüsselstelle. Irgendwie schaffte ich es, 10 Jahre nichtmehr zur Sansara zurückzukeren. Dann kam der Herbst 2019. Irgendwo im Hinterkopf erschien plötzlich wieder das Dach der Schlüsselseillänge. Mit meinem Kumpel Toni Moßhammer studierte ich die einzelnen Seillängen erneut ein. Die zweite Seillänge, ein wie abgeschnitten glattes Dach mit genau den richtigen Griffen an der richtigen Stelle, fühlte sich auf Anhieb relativ machbar an. Wenn das Wetter hält könnte das noch was werden….

Eine Woche später waren Toni und ich wieder am Grubhörndl. Es soll der letzte schöne Herbsttag sein, die Vorhersage meldete Schnee und Regen. Wenn ich die Tour klettern will/ kann, dann noch heute. Im ersten Versuch scheitere ich völlig überrascht am allerletzten Zug im Dach. Das war haarscharf. Der zweite Versuch endet bereits tiefer, die Kraftreserven scheinen bereits zu blinken, der erste Versuch hätte es sein sollen. Ich mache eine längere Pause, rechne aber irgendwie nichtmehr damit, dass ich die Schlüsselseillänge klettern kann. Toni motiviert mich und kurz bevor ich einsteige, kommt kühler Wind auf. Die Bewegungen sitzen perfekt, jetzt nur keinen Fehler machen, ich kämpfe und bleibe am letzten Griff hängen. Ein lauter Freudenschrei. Ich kann es nicht glauben. Die nächsten 2 Seillängen im Bereich 8+/9- sind sehr spärlich gesichert und ich hab sie mir blöderweise nicht genau angeschaut. Aber das hilft jetzt nichts. Teilweise klettert man bis zu 8 Meter über der letzten Zwischensicherung in technischem Gelände, da heißt es wirklich cool bleiben. Geschafft. Ich sitze am genialen Absatz unter dem 8 Meter Rissdach. Das Dach ist mit 10- nochmal eine echte Hürde und ich bin froh, dass ich es bereits vor 10 Jahren mehrmals klettern konnte. Ich putzte die Griffe, platzierte die Friends im Riss und Toni ließ mich zurück zum Band. Es war bereits relativ spät und die Tage recht kurz. Eine Stunde tageslicht noch. Toni beruhigt mich und sagt wir haben ja noch die Stirnlampen. Ich steige ein, und stürze gleich ins Seil. Die Klemmer im Riss sind schmerzhaft, einige Finger bluten bereits. So knapp noch zu scheitern, das wär wirklich bitter. Ich verwerfe den Gedanken aber sofort, zwinge mich zur Pause. Der nächste Versuch endet wieder nach wenigen Metern im Seil. Ein kleiner Fehler. Es wird schon dämmerig, die Finger schmerzen und bluten. OK, eine letzte längere pause und dann alles auf eine Karte. Nach 15 Minuten steige ich wieder ein. Ich klemme meine Finger in den Riss, erreiche den nächsten Klemmer, er hält, die nächsten Züge sitzen auf einmal perfekt und ich kämpfe mich über die Dachkante. Ich schreie meine Freude in die Dämmerung hinaus. Was für ein Kampf. Ich kann es kaum glauben. Plötzlich höre ich laute  Jubelschreie von weiter unten. Anscheinend habe ich Beobachter gehabt. Toni kommt nach. Wir sitzen oben in der Wiese, rauchen eine Selbstgedrehte Zigarette und es ist bereits dunkel. Der absolute Wahnsinn. Was für ein Tag, was für eine Tour. Gratulation an meinen guten Freund Alex, der es immer wieder schafft besondere und absolut fordernde Highlights in die Wände zu zaubern. Die Tour zählt wirklich zu den abwechslungsreichsten und besten die ich kenne. Das Bier und Schnitzel danach schmeckten wirklich gut. Am nächsten Tag blicke ich aus dem Fenster und es schneit…. IRRE.

Fakts

„Sansara“ Grubhörndl

6c, 8b+, 7a+, 7b, 8a

1.Begehung Alex Huber 2009

Oman

OMAN – Besuch in der Geisterhöhle

Mein guter alter Freund Alex Huber fragte mich schon vor einigen Jahren, ob wir nicht mal zusammen in den Oman reisen sollen, um in der Majlis al Jinn Höhle zu klettern. Die Höhle erlangte durch eine bekannte Filmproduktion mit Chris Sharma und Stefan Glowacz einiges an Aufmerksamkeit. Jedoch war es nach der Produktion beinahe unmöglich ein Permit zu bekommen, um in dieser riesigen Höhle klettern zu können. Aber wir hatten einen Ass im Ärmel, namens Jakob Oberhauser aka. Joggl. Joggl ist ein Bergführer und Abenteuerkletterer, zahlreiche Erstbegehungen im Oman gehen auf sein Konto, denn er verbringt den November und Dezember meist als Guide im Sultanat und wenn er mal nicht mit Touristen unterwegs ist, macht Joggl eine neue Linie nach der anderen.  Aber es sollte noch einiges an Zeit vergehen, bis wir schließlich im Flieger nach Muskat saßen.


„Wia schauts aus, mia ham a Permit für die Höhle!“ so die Huber´sche Whats App auf meinem Handy. Nach kurzem hin und her, dauerte es nicht lange und die Flüge waren gebucht. Zwei Wochen Oman. Jedoch war bis zum Schluß nicht klar, ob und wie lange wir ein Permit bekommen.

11.Dezember 2019

Ankunft in Muskat. Wir sind ziemlich erledigt. Wir beide haben kleine Kinder daheim und leiden seitdem an chronischem Schlafmangel 😉 Am Flughafen empfängt uns bereits ein braungebrannter und gut gelaunter Joggl. Er bringt uns ins Hotel und muss gleich weiter zum Ministerium um das Permit zu holen. Auch Joggl und sein kanadischer Kletterpartner Read Mc Adams wollen in der Höhle klettern und eine Erstbegehung machen. Alex und ich schlafen unseren Jetleg aus und wenig später treffen wir Joggl in der Hotel Lobby. „Ok Manda, mia hom a Permit, allerdings nur für zwoa Tog!“. Naja, besser als nichts denken wir uns. Danach geht’s nach Muskat zum Turkish Diwan. Wir sind uns einig, selten so guten Fisch gegessen.

12.Dezember

Irre schönes, sauberes und ruhiges Land. Wir fühlen uns auf Anhieb wohl und total sicher. Wir treten die 3 Stündige Abenteuer Reise über Schotterpisten zur Majlis al Jinn an. Es wäre keine richtige Jeepfahrt, wenn nicht die Straße gesperrt gewesen wäre, aber nach einer extra Stunde und einem Umweg erreichen wir die gigantische Hochebene. Wie am Mond. Ein kleines Dorf mit einigen Einwohnern, die sofort zur Stelle sind als wir unser Klettermaterial sortieren und eben das tiefe, dunkle Loch, wegen dem wir hier sind. Echt Abgefahren. Unser Safety Officer hat alles bestens im Blick und noch am selben Tag schweben wir 160 Meter freihängend in die Tiefe. Absolut beeindruckend. Sowas haben wir nicht erwartet, denn in Live ist die Höhle noch viel größer als sie auf den Bildern aussieht. Wir steigen in die „Into the Light“ Route ein. Bereits die ersten Seillängen weisen beste Kletterei auf, ziemlich steil und ziemlich schwer. Aber was solls, jetzt sind wir hier und wir wollen uns das ganze einfach mal anschauen. Wir kletterten bis zur Schlüsselseillänge, doch leider hatten wir nicht die passende Gerätschaft dabei um über den schweren Boulder Technisch drüber zu kommen. So mussten wir, um ehrlich zu sein, ziemlich enttäuscht abseilen. Wir haben im Vorfeld noch Infos über die Tour eingeholt, doch ein gewisses Detail haben sie uns leider nicht mitgeteilt, dass man nämlich als „Nicht Chris Sharma“ nur mit gewissen „Removable Geräten“ über die schwersten Passagen kommt. Es war bereits stockdunkel, kein Lüftchen regte sich in dem gigantischen Felsendom.

Als wir den sicheren Boden erreichten, mussten wir die 160m freihängend wieder nach oben jümarn. Nach ca. 40 min erreichten wir wieder die gute alte Welt, wo uns Joggl, Herwig, Bea, Read und Ola mit einem köstlichen Abendessen und einer Dose Bier überraschten.

13.Dezember

Wir seilen wieder in die Höhle. Joggl und Read wollen eine Erstbegehung machen am zweiten Ausgang. Alex und ich inspizierten mögliche neue, logische Linien ohne zuviel Bohraufwand, denn wir haben gesamt nur 14 Bohrhaken dabei. Schnell war uns jedoch klar, dass der Großteil des Fels in der Höhle leider EXTREM brüchig ist. Schade. So fragten wir Joggl und Read ob wir hinter ihnen nachklettern dürfen. Nach 7 abenteuerlichen Seillängen bis 6c erreichen wir vier überglücklich den Ausgang der Höhle. „Out oft he Dark“, was für eine coole Route und was für ein Spaß mit den Jungs.

14.Dezember

Heute führt uns Joggl zur „Seventh Hole“ ein kompliziertes Höhlen und Tunnelsystem, in welchem er bereits vor einigen Jahren ein paar coole Erstbegehungen gemacht hat. Alex und ich inspizieren die Möglichkeiten, doch weder ist es die nicht immer gute Felsqualität die unsere Vorhaben limitiert. Dann finden wir aber doch noch eine Möglichkeit ohne zuviel Putzarbeit. Eine der abgefahrensten Routen die ich bis jetzt machen durfte und nach den ersten 5 dreckigen und brüchigen Metern war die Felsqualität 1A. Nach 4 Seillängen erreichen wir wieder die Oberfläche, mit einem echt breiten Grinsen im Gesicht, dass wir so eine schöne Abenteuer Route hinterlassen durften. „Tunnel Vision“ 7a, der Name ist hier Programm.

15.Dezember

Wir schlafen oberhalb vom Meer, nach einer nächtlichen Schwimmeinheit im Ozean, der übrigens warm war wie eine Badewanne und wohl einem Glas Whiskey zuviel, sind wir heute alle etwas neben der Spur. Wir fahren ins Wadi Tiwi, ein Paradies aus Palmen, Wänden und natürlichen Pools. Alex und ich gehen baden und schauen uns den Canyon nach potenziellen Linien an. Fazit, alleine da kann man die nächsten 50 Jahre Erstbegehungen machen. Eine Wand spricht uns aber besonders an. Laut Joggls Infos geht da noch nichts rauf und Read, Ola und er wollen am nächsten Tag auch eine neue Linie machen.

16. Dezember

Zusammen spazieren wir zur Wand. Bereits von weitem können wir die riesigen Lochstrukturen erkennen, die bereits einen genialen Klettertag versprechen. Am linken Teil der Wand finden wir ein logisches Verschneidungssystem. Bereits die ersten Meter sind bombenfest und nicht allzu schwer. So kommen wir zügig immer höher in dieser Traumwand, die in den Dolomiten wahrscheinlich schon mit 40 Linien überzogen wäre.

2 Seillängen hatten es jedoch in sich und waren fordernd und anspruchsvoll, jedoch nicht schwerer als 6c+. Das beste war aber, dass genau an jedem Standplatz ein richtiges Nest an Sanduhren wartete. Mittig durch die Headwall gings in abgefahrenster Kletterei durch die riesigen Löcher steil hinauf, dabei nie schwerer als 6b. Der absolute Hammer. Am Ausstieg angekommen konnte da Timing nicht besser sein. Joggl, Read und Ola sind gerade aus ihrer neuen Abenteuer Linie ausgestiegen und so brauchen wir uns über den Weg nach unten auch keine Gedanken mehr zu machen, denn Joggl war schon öfter hier. Nach 12 Abseilern erreichen wir den Boden. Unsere Neue Tour tauften wir auf den Namen „Wadi Racer“ 6c+, 450m.

17.Dezember

Verabschiedung von der Gruppe ist angesagt. Joggl muss arbeiten, so auch Herwig und Bea. Alex und ich wollen uns noch die Ecke um den riesigen Jebel Misht ansehen. Laut Joggl und Read ist die Felsqualität dort sogar noch besser als im Wadi Tiwi. Dann nichts wie hin. Nach 3,5h Fahrt erreichen wir das sehr abgelegene Dörfchen „Al Kumeira“, vielmehr sind es nur 3 Häuschen mit Schafhirten. Die Schotterpiste rauf haben wir mit Ach und Krach hinter uns gebracht, frei nach der Devise, „Don´t be gentle with the rental!“. Auf einem Sattel neben der Schotterpiste schlagen wir unser Lager auf. Alles was man hört ist das Blöcken der Schafe und vielleicht einmal am Tag einen Flieger. Sonst nichts. Absolute Stille. Dort oben ist man wirklich OFFLINE.

18.Dezember

Wir spazieren zum Einstieg der Wand, der sich als nicht ganz einfach erweist und müssen leider schnell feststellen, dass wir für die geplante Linie leider zuwenige Bolts dabei haben. Die Wand sieht sehr kompakt und geschlossen aus, jedoch ohne Bohrhaken kommen wir da leider nicht weit. So entschließen wir uns für Plan B. Weiter links sieht die Wand fast noch besser aus und wir sind uns einig, da wollen wir rauf. Wir klettern den leichteren Vorbau noch ungesichert, dann stehen wir vor der ersten Länge. Die Wand über uns ist beeindruckend groß und ständig versuchen wir die beste mögliche Linie aus zu kundschaften. Nach 3 leichteren Seillängen erreichen wir ein großes Band. Was für ein Platz. Wieder schauen wir uns die Möglichkeiten an. Wir wollen mit unseren restlichen 12 Bolts auskommen, also müssen wir der logischen und einfachsten Linie folgen. Ich klettere noch eine Seillänge weiter, ein steiler breiter Kamin der zum Offwidth wird und kurz unter dem Stand, sehe ich eine alte Bandschlinge. OK scheint als ob wir zumindest hier doch nicht die ersten sind. Wir seilen ab und spazieren zurück zu unserem Camp.

19.Dezember

Wir stehen wieder am Band. Die 2 alten Schlingen müssen von der logischen direkten Linie sein. Wir steigen wieder gleich ein und ziehen dann nach rechts raus wo die Wand steiler wird, aber alles lässt sich erstaunlich gut klettern, nicht allzu schwierig, jedoch teilweise ist es wirklich anspruchsvoll Friends unter zu bringen. Wir verwenden an den Standplätzen je einen Bolt. Nach oben hin werden die Längen dann doch immer anspruchsvoller, so brauchen wir in einer Seillänge auch noch einen Zwischenbohrhaken, um einen Sturz auf ein Band zu entschärfen. Eines ist uns nämlich klar, wenn uns hier was passiert haben wir ein Problem. Kein Netz, keine Rettung nichts. Wir sind auf uns gestellt. Deshalb klettern wir vorsichtig und umsichtig, die Felsoberfläche ist an Rauheit nicht zu überbieten, teilweise ist sie jedoch heimtückisch und kompakt erscheinende Leisten brechen nach wenig Belastung aus. Ein echtes Abenteuer eben und ich muss gestehen ich bin psychisch ganzschön angespannt, denn wir wissen ja immer noch nicht wie es oben weiter geht und zum biwakieren haben wir auch nichts dabei. Ich bin wieder an der Reihe. Alex hat in der Länge davor in gewohnter Manier vorgelegt und nicht lange gefackelt. Über uns ist nun eine wirklich abgefahrener steiler, rutschenförmiger Kamin. Erst noch recht easy und perfekt abzusichern, nach oben hin wird er immer schwerer. Der Überhang sieht abweisend aus und ich kann nicht sehen wie es drüber weiter geht. Ich stemme und und quetsche mich an den immer kleinerwerdenden Untergriffen nach außen, die letzte Sicherung ein solider Alien. Aus der ungemütlichen Position, verspreitzt mit den Beinen den Kopf unter dem Überhang, strecke ich mich so weit ich kann über die Dachlippe und meine rechte Hand tastet die Felsoberfläche ab. Als meine Finger plötzlich spürten, was ich da zum festhalten finde muss ich schon grinsen. Das gibt’s echt nicht. Genau an der richtigen Stelle befindet sich ein riesiger Henkel. Ich schwinge mich über den Überhang und stehe auch schon in den riesen Loch im Nohand. Ich schreie meine Erleichterung hinaus in die unwirkliche Mondlandschaft. Alex ist begeistert. So etwas geniales muss man echt erst finden. Die nächsten 3 Seillängen verlangen trotzdem noch volle Konzentration und fordern uns nochmals richtig, ehe wir endlich den flachen Gipfel erreichen. Wir bauen ein Steinmännchen, rollen uns eine Zigarette und genißen kurz den Augenblick, dann heißt es wieder volle Konzentration, denn die Abseilaktion könnte bei unserer Linenführung und all den Quergängen nochmal spannend werden. Neben den natürlichen Sanduhren zum Abseilen mussten wir noch 4 Bolts setzen um mit 2 60 Meter Seilen wieder runter zu kommen. Im letzten Licht erreichten wir unsere Rucksäcke. Ziemlich zerstört aber überglücklich kamen wir zu unseren Zelten zurück und genehmigten uns unsere Spezialkreation, Wraps mit Käse, Thunfisch und Sour Cream Chips. Allen Wiederholern dieser Abenteuerkletterei wünschen wir eine gute Reise, es war auch eine echt gute Reise und deshalb tauften wir unsere Linie am Jebal Kwar „Rihlat Saeida“ 6c, 600m.

Was für ein schöner Trip. Danke Alex, Joggl, Read, Ola, Herwig und Bea.

Guido

Koasabluad

2013 standen Alex Huber und ich zusammen unter einer genialen Linie an der Maukspitze im Wilden Kaiser. Mein damals kletterfanatischer Onkel Tom hat schon früher oft von dieser Linie gesprochen und zu mir gesagt, „Der Pfeiler schaut oanfoch genial aus!“. Deshalb machten sich Alex und ich wieder mal zu einer gemeinsamen Erstbegehung auf. Dabei wollen wir wieder , wie bei all unseren Erstbegehungen die wir gemeinsam  gemacht haben, den Fokus auf natürliche Absicherung legen, so weit das möglich und vertretbar für uns ist und nur an den schwierigsten Stellen Bohrhaken setzen. Ein Auskundschaften von oben stand bei uns noch nie zur Debatte, das würde schließlich das ganze Abenteuer kaputt machen. Nach 5 äußerst intensiven Tagen des Erschließens von unten, geprägt von wilden Cliffpositionen, Nähmaschine, weiten Stürzen, leeren Unterarmen, müden Köpfen und einem breiten Grinsen erreichten wir schließlich den Ausstieg unserer neuen Linie. Was für ein Abenteuer. Überglücklich stoßen wir auf der Ackerlhütte bei einem kühlen Bier an und unsere Blicke schweifen immer wieder zurück zur Wand.

Die ersten Sessions in der Route zum putzen und ausarbeiten der Einzelstellen waren sehr ernüchternd. Uns war schnell klar, das Ganze hat nichts mit „Fastfood“ zu tun und für mich fühlte sich das ganze damals eine Nummer zu groß an. Nach einem sehr weiten Sturz von Alex hat es mich am Standplatz ausgehebelt und dabei hab ich mir die Handwurzel beleidigt und konnte eine zeit lang garnichts mehr machen. Der Winter kam und das Projekt wurde auf Eis gelegt.

Das Rad des Lebens hat sich um sage und schreibe 5 Jahre weiter drehen müssen, bis wir heuer im September 2019, erstmals Zeit fanden um weiter an unserem Projekt zu feilen. Die Anspannung stieg, wie würde sich die Tour anfühlen nach 5 langen Jahren. Der erste Kontakt war dann „Liebe auf den zweiten Blick“. Wir waren erstaunt, über unsere Entschlossenheit bei der Erstbegehung und wie hoch der moralische Anspruch an vielen Stellen ist, wie genial sich die einzelnen Seillängen klettern ließen und wie abgefahren steil, lang und pumpig die Schlüsselseillänge ist.  Wir konnten es kaum erwarten bis wir endlich wieder einsteigen konnten.

Nach ca. 6 Tagen in der Tour heuer, gelang uns am 15.10.2019 beiden die Rotpunktbegehung dieser neuen Kaiserperle. Es war wirklich eine intensive und reiche Erfahrung mit meinem guten, jung gebliebenen Kumpel Alex eine meiner anspruchsvollsten Erstbegehung am Kaiser machen zu dürfen und das Ganze dann im Team, beide am selben Tag durchzusteigen war die Krönung. Die Tour hat an manchen Stellen das Potenzial einem das Blut in den Adern gefrieren zu lassen, es sei denn man hat das „Koasabluad“.

Fäcts

„Koasabluad“ FA Alex Huber, Guido Unterwurzacher 2013, FFA 2019

Bewertungsvorschlag: 7a, 7c+, 7a, 8b+, 7a+, 8a, 6a

„Ein geschickter und kreativer Umgang mit Friends #0.2-#2 und Cliffs und auch eine gewisse Toleranz gegenüber weiten Hakenabständen und deren Folgen sollte mitgebracht werden.“

Wunderwelt

Die 6. Seillänge, ein nicht geschenktes Geschenk!!

Vor gut 19 Jahren gelang meinem Onkel Tom Unterwurzacher zusammen mit einer handvoll Einheimischer Kletterer, eine unglaublich elegante Erstbegehung an der Hochgrubach Südwand, die er passend auf den Namen „Goinger Wunderwelt“ taufte. In Falllinie vom Gipfel zeiht die Linie kerzengerade durch die pyramidenförmige Wand der Hochgrubach Spitze. Die Schwierigkeiten der Seillängen bewegen sich durchwegs im 8. Grad, die Schlüsselseillänge konnte jedoch nur mit Hilfe technischer Tricks (Cliff und co.) bewältigt werden und wurde mit 8+/A2 bewertet. Aber laut meinem Onkel und anderer Aspiranten sollte die Länge auch freikletterbar sein…

Vor ca. 10 Jahren kletterten Toni Moßhammer und ich zum ersten mal durch die Route und stellten fest, dass die 6. Seillänge sicher frei machbar ist.

Im Herbst 2012 war es dann wieder soweit. Toni und ich waren zurück und wollten uns die Länge nochmal auschecken. Ich konnte super Lösungen für die schwierigen Stellen finden und alle Züge machen, bis zum nächsten Versuch sollte aber wieder ein halbes Jahr vergehen.

Heuer machten wir uns wieder auf den Weg zur Südwand, die Bohrmaschine im Gepäck, denn um die Länge frei zu klettern musste ich 4 Bohrhaken umplazieren. Wir hatten eine gute Bouldersession und wie immer einen spaßigen Tag. Die Motivation, so schnell es geht wieder zurück zu kommen, war imens.

Eine Woche später standen wir erneut unterm Einstieg. Das Wetter war etwas zweifelhaft, für den Nachmittag waren starke Gewitter gemeldet und es sah ganz so aus als ob es jeden Moment anfangen würde zu regnen. Das Wetter war aber auf unserer Seite und so kletterten wir zügig im Überschlag bis zur Schlüssellänge. Ich hängte mir die Schlingen ein, checkte erneut die Züge aus und musste feststellen, dass ich den vortäglichen Kletterausflug zum Schleier, noch ganz gut in den Muskeln spürte. Nach 30 Minuten Pause setzte ich einen Versuch und gab 120 %, ein echter Fight wie ich ihn schon lange nicht mehr hatte. Der erste schwere Boulder, ein Sprung auf eine scharfe Leiste hätte mich beinahe rausgeschmissen, irgendwie blieb ich aber hängen, jetzt heissts cool bleiben und Gas geben, die Akkus blinken schon und das was kommt verlangt vollste Aufmerksamkeit. Die obere Stelle lief dann perfekt und der letzte technische Sprung ist eine Mischung aus Augen zu und durch und einfach dran glauben, ich machte mir keine Gedanken und sprang auf gut Glück von den Reibungstritten weg, dem letzten schweren Zug entgegen und blieb tatsächlich am Henkel hängen…. WUHUUUUU :))

Nach 19 Jahren konnte ich mir die erste freie Begehung, dieser familiären Kletterperle und der wohl schönsten Linie am Ostkaiser sichern. Ein wahnsinns Tag mit meinem besten Freund Toni. Mein Bewertungsvorschlag für die 6.Seillänge, irgendwo im Bereich 10-.

Kerzengerade zieht die Linie zum Gipfel der Hochgrubach hinauf!

Mehr Fotos gibts bald…

Ein absolut genialer Tag!