Der alte „St.Johannerweg“ an der Südwand der formschönen Hochrubachspitze im Wilden Kaiser? Noch nie gehört? Macht nichts. Mein Kumpel Hechei und ich redeten schon länger von dieser alten Tour, Peter Brandstätter hatte uns schon vor einigen Jahren darauf aufmerksam gemacht, dass diese Tour noch keine freie Begehung hat und vermutlich gehen könnte. Im Spätsommer 2019 machten sich Hechei und ich zum ersten mal auf den Weg zur Südwand. Mit den E-Bikes ist der lange Zustieg beinahe ein Klacks. Da wir uns nicht sicher waren ob die originale Linie, eine Hakenleiter, überhaupt möglich ist, haben wir zur Sicherheit 5 Bohrhaken und die Bohrmaschine mitgenommen. Nach den ersten Seillängen im oberen 5. Grad, war uns bereits klar, der Fels ist der Hammer. Klassische alpine Kletterei vom feinsten, durch schöne Platten, Risse und Verschneidungen brachte uns auf den markanten Absatz. Hier beginnt die Schlüsselseillänge. Die alten Haken sehen nicht mehr sehr vielversprechend aus, doch wollen wir nur an den absolut notwendigen Stellen einen Bohrhaken setzen. Ich klettere soweit ich komme und am Ende der Seillänge muss ich feststellen, dass die original Linie wohl nicht möglich ist. Ich inspiziere die rechte Seite und sehe dort eine logische Griffsequenz. Das sieht wirklich genial aus, sage ich zu Hechei. Ich setze noch einen Bohrhaken, dann überlasse ich Hechei das scharfe Ende des Seils. Nach einer coolen weiteren Passage vollendet Hechei diese Prachtseillänge und setzt den Stand in eine kleine Einbuchtung. Der Weiterweg sieht spannend aus, zumindest die ersten Meter vom Stand weg über eine strukturlose Platte. Da ich in der Seillänge drunter 3 Bohrhaken setzen musste und wir auch am Stand 2 Bohrhaken setzten waren diese Ressourcen erschöpft. So bohrte ich noch ein Loch und band den Bohrer mit einer Schlinge ab. Nicht sehr vertrauenswürdig aber ein Versuch wert. Ein paar mal setzte ich in die glatte Platte an, traute mich aber nicht in den abgebundenen Bohrer zu stürzen. So beschlossen wir, dass wir abseilen und das nächste mal den Bohrhaken setzen. Das Loch war ja schon vorhanden.

Gesagt getan…

Eine Woche später waren wir zurück auf der Ackerlhütte. Ein echt lustiger Abend mit 1-2 Bier und coolen Songs und am nächsten Morgen kletterten wir schon wieder in der Südwand. Die Schlüsselseillänge gelang mir im zweiten Anlauf. Eine technische, beinahe senkrechte Plattenzauberei der Extraklasse, gespikt mit bestem und wirklich rauhen Kaiserfels. Was will man mehr? Sie wird so ca. im Bereich 9/9+ liegen und ist echt der Wahnsinn. Hechei stürzt leider nur ganz knapp und will keinen weiteren Versuch mehr machen. Vom Stand quere ich zum Bohrloch und setze den Haken. Die Stelle danach ist nochmals spannend, man muss nach rechts auf eine Leiste springen und hat fast nichts zu steigen. Nach ein paar Versuchen gelang mir dieser Boulder und der Rest der Seillänge war dann beinahe Genuß. Was für ein Tag. Zufrieden seilten wir ab und der „Seitenweg“ ist ein absolutes MUSS für alle die ein schönes Freikletterabenteuer im 9.Grad suchen.

Facts

„Seitenweg“ 9/9+

Satz Friends bis #3

Erstbegehung: Guido Unterwurzacher und Christian Hechenberger

1.RP: Guido Unterwurzacher