BASE – Der Traum vom Fliegen

Bereits als Kind hatte ich immer wieder den gleichen Traum. Ich kann fliegen. Und jedesmal wenn ich munter wurde, wollte ich sofort wieder zurück in den Traum. Schaffte es aber nie…

Wenn man so wie ich, sehr oft durch hohe Wände klettert und oftmals langwierige Abseilaktionen kennt, denkt man sich schon mal, wie einfach es doch wäre, sich mit dem Fallschirm am Rücken an die Kante zu Stellen und einfach abzuspringen…

Die Erzählungen, Bilder und Videos von Freunden die diesen Sport, das B.A.S.E. Springen ausüben, faszinierten mich extrem. Eines war mir sofort klar. Das will ich auch lernen. Doch wusste ich damals noch nicht, wie lange der Weg sein würde.

2015 absolvierte ich meine Ausbildung zum Fallschirmspringer in Wels. Die entspannten Leute, die lebensfrohe Atmosphäre und die Faszination Freifall haben es mir angetan. Ich kann mich noch erinnern, wie angespannt ich die ersten male im Flieger auf dem Weg nach oben war. Doch meine Lehrerin Sieglinde beruhigte mich mit ihrer entspannten Art und einem breiten Grinsen im Gesicht. Dieses Grinsen sollte ich dann auch nicht mehr loswerden. Von Sprung zu Sprung fühlte ich mich sicherer und wohler in der Luft. Nach ca. 70 Sprüngen aus dem Flieger, fühlte ich mich bereit um meinen Fokus auf die Vorbereitungen aufs BASE Springen zu legen. Mein guter Freund Peter Salzmann wurde zu meinem Ansprechpartner und Mentor, wir sprachen uns ständig ab und Peter gab mir sehr wertvolle Tipps, legte für mich das Programm fest und motivierte oder bremste mich, jenachdem was gerade nötig war.

Ein wichtiges Tool beim Springen ist ein sogenannter Tracksuit. Das ist ein Anzug der sich im Freifall mit Luft füllt und somit die Fallgeschwindigkeit in Vorwärtsfahrt umwandelt. Das ist beim Springen von einer Felswand entscheidend, damit man weit weg von der Wand fliegen kann und somit eines der gefährlichsten Szenarien, eine 180 Grad Schirmöffnung nahe der Wand, eliminieren kann. Aber richtiges und effizientes Tracking soll gelernt sein und muss trainiert werden. Das tat ich.

Nach ca. 250 Sprüngen aus dem Flieger fühlte ich mich endlich bereit. Peter und ich machten uns auf den Weg nach Kroatien zu einer 110 Meter hohen Brücke, die sich ideal eignet um die ersten BASE Sprünge zu absolvieren und die Absprungtechnik, auch EXIT genannt, zu perfektioneren. Bevor man aber in die Terminale Geschwindigkeit übergeht, wirft man den Hilfsschirm den „Pilotchute“ und der Spaß ist schon vorbei, denn 110 Meter sind nicht gerade viel.

Nach 10 Sprüngen von der Brücke war Peter happy mit meinen Exits und es kam was kommen musste….

Next Stop – Monte Brento.

Eigentlich fühlte ich mich sehr gut vorbereitet und bereit für meinen ersten Sprung von der Felswand. Als wir am Abend in Dro an der Bar Parete Zebrata ankamen, wurden wir jedoch Zeugen wie eine Russische Springerin am Schirm hängend, mit mehreren Linetwists in die Platten flog und mit riesigem Glück überlebte. Das gab mir einen echten Dämpfer und das ist genau das, was man vor seinem ersten Sprung nicht sehen will. An Schlaf war für mich nicht zu denken und als wir am nächsten Morgen am Exit standen und ich mich zum erstenmal anzählte „3,2,…!“ konnte ich mich nicht fokusieren und mich fallen lassen. Ich wollte mich auf gar keinen Fall zum Sprung überwinden müssen. Ich hatte eine Vorstellung im Kopf wie es sich anfühlen könnte, und das Gefühl an dem Morgen stimmte mit dem Gefühl meiner Vorstellung überhaupt nicht überein. Die Anspannung fiel von mir ab. Das wars. Ich ging zufuß runter. War das ein Zeichen?? Ist das einfach nichts für mich? Dieser Sport ist definitiv nicht für jeden geeignet, vielleicht auch nicht für mich? Wer weiß?

Doch es hat mich einfach nicht losgelassen. Einige Wochen später und nach 2 Sprüngen aus dem Paragleiter, fühlte ich mich dann doch bereit. Peter und ich machten uns erneut auf den Weg nach Arco.

„Und springst morgen?“, so lautete die erste Frage von Peter. Ich wusste es nicht. „Mal schauen!“, antwortete ich, natürlich wollte ich es unbedingt, aber ich dachte mir, wenn ich sage „JA LOGISCH. IST JA NICHTS DABEI VON EINER 1000 METER WAND RUNTERZUSPRINGEN!“, würde er es mir auch nicht abkaufen und der Druck in mir steigt ins unermessliche. Wenn man kurz vor der Realisierung eines Lebenstraumes steht, tauchen auf einmal viele Fragen sogar Zweifel auf, vor allem wenn man, wie in meinem Fall, eine der kompromisslosesten Sportarten überhaupt, sicher betreiben will. Ich bin zuhause noch sichtlich angespannt, aber zum Glück gibt mir meine Freundin/ Frau July noch etwas mit auf den Weg,

„Scheiß di nid an, wenns da nid taugt, gehst halt wieder runter!“. J

Am nächsten Tag bei der Taxifahrt zum Passo San Giovanni war ich sehr in mich gekehrt und musste mit mir ins Reine kommen. Man muss alles ausblenden, die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Tätigkeit, die Tatsache, dass ich zwei kleine Kinder zuhause habe, Familie und Freunde dich sich Sorgen machen, all das steht in Form eines inneren Berges vor dir, den du überwinden muss. Erst wenn du damit klar kommst und du zu 100% davon überzeugt bist, kannst du dich fokussieren, durchatmen und den ultimativen Schritt ins Ungewisse machen.

Mit Peter hatte und habe ich einen wirklich guten Freund und den besten Mentor und Coach den man sich wünschen kann. Er kann auf beinahe 1000 Base Sprünge zurückblicken und mit seiner Erfahrung, seinem Wissen, seiner Geduld und seinem Einfühlvermögen begleitete er mich auf dem Weg meinen Traum zu verwirklichen.

29.November 2019

Bereits zum zweiten Mal gehe ich nun den Weg zum Monte Brento Exit Point. Luki, Peter und ich spazieren hinauf. Die Vibes mit den Jungs sind der Hammer. Heute ist es soweit. Oder auch nicht. Ich weiß es immer noch nicht. Ich will es schaffen, ich will meinen ersten Sprung von der 1000 Meter hohen Felswand machen, aber jetzt da es soweit ist, jetzt wo ich unmittelbar da stehe wo ich all die Jahre stehen wollte, geht es in meinem Kopf ziemlich rund. Werde ich es schaffen?

Oben angekommen, heißt es durchatmen, fokussieren, den Pilotchute, das ist der kleine Hilfsschirm, der den Hauptschirm aus dem Container zieht nochmals sauber zusammenlegen, das BASE Rig anlegen, die letzten Checks machen, ob alles ordnungsgemäß verschlossen ist und dann spazieren Peter, Luki und ich nach vorne. Die Stimmung, das Licht und die Bedingungen sind perfekt.

Ich weiß, jetzt muss alles schnell gehen, sonst ist die Entschlossenheit schnell wieder verflogen und die Zweifel nehmen überhand. Peter steht rechts von mir. Er springt mit Wingsuit. „Du schaffst es!“, sind seine letzten Worte. Ich atme tief durch, fixiere den Horizont, Atme aus, meine Hand greift nochmal zum Handdeploy, ich Atme nochmal aus, vor mir geht es 1000 Meter runter, gähnende Leere. Ich zähle 3,2,1….  und GOO!!

Ich stoße mich kräftig von der Wand ab und mein Körper verlässt den festen Absprungpunkt. Jetzt gibt es kein zurück mehr. Ich fühle den Freifall, fühle die Beschleunigung, sehe in die ganze Wand, es gibt nur noch das Hier und Jetzt. Das ist der Moment auf den ich 10 Jahre hingearbeitet habe. Die Anspannung weicht einem Gefühl der Routine, als ich plötzlich den gewohnten Luftpolster wie aus dem Flieger spüre, ich lege die Hände an und beginne zu fliegen. Was für ein Gefüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüühl.

 Tatsächlich unbeschreiblich. Nach ca. 10 Sekunden greift meine rechte Hand zum Handdeploy. Ich ziehe den Hauptschirm, wenig später ein fester Ruck und PAMM, wie ein Paukenschlag öffnet sich der Fallschirm. Ich kann nicht mehr aufhören vor Freude, Glück und Erleichterung zu schreien. Ein Traum ist wahr geworden, an diesem Morgen am Monte Brento. Ich hänge am Schirm und gleite hinaus zur Landing, plötzlich höre ich ein lautes Zischen, Peter fliegt ca. 10 Meter neben mir vorbei mit 250Km/h, verändert seinen Flugwinkel, beschleunigt damit nochmals und geht dann in einen massiven Flare (Steigflug!) über, zieht seinen Fallschirm, der sich natürlich perfekt öffnet und auch er schreit vor Freude. Absolut IRRE!!!

Ich lande und Peter erwartet mich schon. Ich kann es nicht fassen. Wir jubeln, schreien und umarmen uns. Ich fühle nur noch Dankbarkeit, Erleichterung und Vorfreude. Einige Stunden später stehen wir wieder am Exit, ich bin bei weitem nicht mehr so nervös und angespannt, zähle mich an und springe ab. Ein neues Kapitel in meinem Leben hat begonnen, eine neue Reise, ein neues Abenteuer und ich kann es kaum erwarten endlich wieder oben zu stehen, wenn es heißt, 3,2,1… GO!!

Ich, Luki und Peter nach meinem ersten Sprung vom Monte Brento, Dro, Italien 2019

Wunderwelt

Die 6. Seillänge, ein nicht geschenktes Geschenk!!

Vor gut 19 Jahren gelang meinem Onkel Tom Unterwurzacher zusammen mit einer handvoll Einheimischer Kletterer, eine unglaublich elegante Erstbegehung an der Hochgrubach Südwand, die er passend auf den Namen „Goinger Wunderwelt“ taufte. In Falllinie vom Gipfel zeiht die Linie kerzengerade durch die pyramidenförmige Wand der Hochgrubach Spitze. Die Schwierigkeiten der Seillängen bewegen sich durchwegs im 8. Grad, die Schlüsselseillänge konnte jedoch nur mit Hilfe technischer Tricks (Cliff und co.) bewältigt werden und wurde mit 8+/A2 bewertet. Aber laut meinem Onkel und anderer Aspiranten sollte die Länge auch freikletterbar sein…

Vor ca. 10 Jahren kletterten Toni Moßhammer und ich zum ersten mal durch die Route und stellten fest, dass die 6. Seillänge sicher frei machbar ist.

Im Herbst 2012 war es dann wieder soweit. Toni und ich waren zurück und wollten uns die Länge nochmal auschecken. Ich konnte super Lösungen für die schwierigen Stellen finden und alle Züge machen, bis zum nächsten Versuch sollte aber wieder ein halbes Jahr vergehen.

Heuer machten wir uns wieder auf den Weg zur Südwand, die Bohrmaschine im Gepäck, denn um die Länge frei zu klettern musste ich 4 Bohrhaken umplazieren. Wir hatten eine gute Bouldersession und wie immer einen spaßigen Tag. Die Motivation, so schnell es geht wieder zurück zu kommen, war imens.

Eine Woche später standen wir erneut unterm Einstieg. Das Wetter war etwas zweifelhaft, für den Nachmittag waren starke Gewitter gemeldet und es sah ganz so aus als ob es jeden Moment anfangen würde zu regnen. Das Wetter war aber auf unserer Seite und so kletterten wir zügig im Überschlag bis zur Schlüssellänge. Ich hängte mir die Schlingen ein, checkte erneut die Züge aus und musste feststellen, dass ich den vortäglichen Kletterausflug zum Schleier, noch ganz gut in den Muskeln spürte. Nach 30 Minuten Pause setzte ich einen Versuch und gab 120 %, ein echter Fight wie ich ihn schon lange nicht mehr hatte. Der erste schwere Boulder, ein Sprung auf eine scharfe Leiste hätte mich beinahe rausgeschmissen, irgendwie blieb ich aber hängen, jetzt heissts cool bleiben und Gas geben, die Akkus blinken schon und das was kommt verlangt vollste Aufmerksamkeit. Die obere Stelle lief dann perfekt und der letzte technische Sprung ist eine Mischung aus Augen zu und durch und einfach dran glauben, ich machte mir keine Gedanken und sprang auf gut Glück von den Reibungstritten weg, dem letzten schweren Zug entgegen und blieb tatsächlich am Henkel hängen…. WUHUUUUU :))

Nach 19 Jahren konnte ich mir die erste freie Begehung, dieser familiären Kletterperle und der wohl schönsten Linie am Ostkaiser sichern. Ein wahnsinns Tag mit meinem besten Freund Toni. Mein Bewertungsvorschlag für die 6.Seillänge, irgendwo im Bereich 10-.

Kerzengerade zieht die Linie zum Gipfel der Hochgrubach hinauf!

Mehr Fotos gibts bald…

Ein absolut genialer Tag!

Cerro Torre

„Far from home, but close to heaven!“, so ungefähr fühlte sich unsere dreiwöchige Südamerika Reise an. Weit weg von daheim, doch dem Himmel sehr nah.

Nach langer Anreise erreichten wir endlich den Spot des diesjährigen Petzl Roc Trip, die Piedra Parada, ein unglaublich schöner, abgelegener, staubiger Platz in der trockenen argentinischen Steppe. Kristin, July, Flo, July und ich hatten das Glück den Ort noch vor den Massen kennenzulernen und hatten eine 6km lange Schlucht mit 26 verschieden Sportklettersektoren und Mehrseillängen Routen fast für uns alleine. Am Campingplatz herrschte reges Treiben und es war eine äußerst gemütliche Atmosphäre, aufstehen, frühstücken, in den Bach springen, sich mittreiben lassen und dann bis zum dunkel werden in den vielen genialen Routen der Schlucht, seinen Kletterhunger stillen, am Abend Lagerfeuerstimmung und Gespräche mit interessanten neuen Menschen. 

Doch wie bei jedem Event, kommen irgendwann Besucher ins Spiel, sofern es ein guter Event ist. Der Petzl Roc Trip ist ein guter Event, ein Woodstock des Kletterns sozusagen und mit dem Ende der ruhigen Woche kamen immer mehr Leute aus der ganzen Welt um Teil des Events zu sein und sich an den Felswänden auszutoben. Wie die Eierschwammerl schossen täglich und über Nacht immer mehr Zelte aus dem Boden und in der Schlucht wurde es immer lauter und hektischer, Jahrmarktstimmung und Schluß mit freier Routenwahl, geklettert wurde was frei war. 

Wir aber machten das beste draus, die Mädls konnten eine 7a nach der anderen onsighten und waren (fast) fleißiger als Flo und ich. Mir gelang eine geniale 8b, und einige andere coole Linien zwischen 7c+ und 8a+ und zusammen mit July,Kristin und Guillaume Vallot aus Frankreich konnten wir die Aussicht von der 200m hohen Piedra Parada, so heißt der riesige Felsklapf mitten in der Landschaft, genießen. Auch Flo hat die „Power from Vienna“ rausgelassen und brav bei einigen 8a und 8a+ Routen zugelangt.

In einer der genialen Routen der Piedra Parada

 Dann waren die Tage in der Piedra Parada leider auch schon beinahe zu Ende, denn als Max zu uns gestoßen ist wussten wir ok, nur noch 3 Tage bevors für Flo, July, meine July, Max und mich nach El Chalten gehen sollte und wir uns von Kristin und der Piedra verabschieden mussten. Wie man erahnen kann sind auch diese 3 Tage wie im Flug vergangen. (Autofahrt 6h, schlafen in El Polson, Flug nach Bariloche-El Calafate, El Calafate 3h Busfahrt El Chalten…Berge zeigen sich von ihrer schönsten Seite, super Wetter, nette Begrüßung)

Wettercheck fiel, wie zu erwarten war, nicht gut aus, die ganze Woche schlecht, was will man sich auch erwarten, wenn man nur eine Woche Zeit hat zum Bergsteigen. Aber egal Trekkn, Bouldern… irgendwas kann man immer machen. 

Wettercheck die Zweite!

Mittwoch gut und Donnerstag bis Abend voraussichtlich auch noch. Ein absolut brauchbares Wetterfenster tut sich auf und wir wissen, das dürfen wir nicht verschei….enken! Naja aber das patagonische Wetter tut nicht immer das was man glaubt das es tut, da das Wetter glaubt, man glaubt das es das tut, tut es eben genau das andere, aber ich glaub das glaub nur ich. Egal. Michi Lerjen, Bergführer, Extrembergsteiger, Patagonienexperte, Frauenschreck 😉 usw., aus der schönen Schwiz stand uns mit Rat und Tat zur Seite und empfahl uns, neben unseren existierenden Plänen auch die „Ferrari/Ragni“ Route an der Cerro Torre Westwand nicht außer Acht zu lassen. Für uns stellt diese Route einen absoluten bergsteigerischen Lebenstraum dar und als wir alle Fakten zusammenlegen, kommen wir drauf, mit einer guten Portion Glück und Engagement, stehen die Chancen auf Erfolg garnichtmal so schlecht. Glück ist aber manchmal auch, was man draus macht…

27.11.2012

Um 03:30 Uhr verlassen wir El Chalten, das wetter ist Zweifelbhaft und sehr starker Wind begleitet uns, nach 4,5h erreichen wir das sogenannte „Niponino“ Camp und wechseln von den Zustiegsschuhen in die Bergschuhe. Der Wind wird teilweise so stark, dass wir wie Besoffene den Gletscher Richtung Col Standhardt hinauf wanken. Im Col Standhardt ist es eher auf der ungemütlichen Seite und wir seilen ab auf die Westseite des Massivs und stehen bald unter der Cerro Torre Westwand bzw. unter den dicken Wolken der Cerro Torre Westwand. Wir müssen warten, denn sonst wissen wir ja nicht wo es hinaufgeht. Nach ca. 1,5 Stunden reisst die Wolkendecke auf und erstmals sehen wir die Westseite der Torres, ein gewaltiges Bild. Wir errichten unser Biwak kurz unterhalb der ersten Zustieg Mixed Passage und genießen im abendlichen Sonnenschein unser Travellunch.

28.11.2012

Der Wecker reißt uns um 02:30 Uhr aus dem leichten Schlaf, die Nacht über haben sich alle Wolken verzogen, sternenklar und Vollmond, ein kurzes Frühstück und um 03:30 Uhr sind wir auch schon unterwegs. Es läuft wie am Schnürchen und simultan Klettern wir bis auf den sogenannten „Elmo“, ein großer freistehender Eispilz am Beginn der eigentlichen Kletterei, welchen wir um 05:30 Uhr erreichen. Die Mixed Längen und den ersten Eistunnel bringen wir flott hinter uns, in der sogenannten „Headwall“ eine 90 Grad steile Eiswand, fängt der Wind ordentlich an zu blasen, Patagonien halt, dann geht es flott weiter und bald auch stehen wir unter der letzten und wohl anspruchsvollsten Seillänge. Der Amerikaner Colin Haley hat bei der Überschreitung aller Torres (Standhard, Heron, Egger, und Cerro Torre) für diese eine Seillänge 4 Stunden mit dem Anraumschnee gekämpft und sich seinen Weg/Tunnel nach oben gegraben. Wir haben es da weit besser erwischt, festes Eis mit teilweise Schneeeinlagerungen machten die Sache schon spannend aber bei weitem nicht so zeitintensiv und so erreichte ich nach ca. 20 Minuten den letzten Standplatz unterm Gipfel. Um kurz vor 13:00 Uhr standen Max und ich dann oben auf dem Gipfel des Cerro Torre und konnten uns überglücklich und beinahe fassungslos die Hände schütteln und dem wohl schönsten aller Berge auf den Kopf klopfen. Keine Wolke, kein Wind, T-Shirt Temperaturen, Bergsteigerherz was willst du mehr?…Unbeschreiblich 😉

Nach kurzer Pause seilten wir über die Westwand ab, auch das Abseilen lief wie geschmiert nur die hohen Temperaturen wurden schönlangsam zum Problem. Herabstürzende Schnee und Eismassen machten uns verständlich, dass wir jetzt besser nochmal Gas geben, mein Knie musste sogar unsanfte Bekanntschaft mit einem herabfallenden, tellergroßen Stein machen und wieder wurde uns bewusst, das Bergsteigen in Patagonien einfach eine ernste Angelegenheit ist, denn auf schnelle Rettungsaktionen kann man sich nicht verlassen.

Zurück beim Biwakplatz stärkten wir uns kurz und machten uns dann gleich an den 45km!!! langen Marsch, Hirnausschalten und einfach gehen, zurück übers Inlandeis nach El Chalten. Wir schafften die noch die 6 stündige Etappe übers Eis, dann mussten wir auf einer Moräne biwakieren.

29.11.2012

Wir sind ziemlich erledigt von den Strapazen und die schweren Rucksäcken tragen auch nicht gerade zur Erholung bei, starten aber um 08:00Uhr Richtung Passo del Viento und erreichen schließlich um 18:00Uhr El Chalten, gezeichnet, erledigt und überüberglücklich…

Wie sagt man so schön, zur richtigebn Zeit, am richtigen Ort… 🙂

Die heurige Saison fand mit dieser unerwarteten Aktion einen gelungenen Abschluß und mit der Besteigung des „Nameless Tower“ 6251m Karakorum/ Pakistan, zusammen mit Hannes Leitner und nun auch mit dem „Cerro Torre“, konnte ich den zwei wohl formschönsten Gipfeln einen kurzen Besuch abstatten…

Anbei ein paar Eindrücke aus der Wand.

Max im Eisschlauch
Die letzte Seillänge
Die Torres von Westen
Max und ich überglücklich am Gipfel des „Cerro Torre“

Südwind

Letztes Jahr war ich wieder mal mit meinem „alten“ Kumpel Alex Huber unterwegs. Wieder an der Mauk, am Wilden kaiser, wo wir, wie auch das Jahr zuvor, schon eine neue Linie, etwas weiter links erstbegehen konnten. Diesmal sollte es aber eine etwas dankbarere werden, denn das Projekt links des „Spengler Kamins“ schien nicht trocken werden zu wollen und auf Grund einer Handverletzung meinerseits, legten wir die Tour erstmal auf Eis. So standen wir im Frühjahr 2014 wieder bepackt mit Bohrmaschine, Haken, Friends und Keilen am Einstieg einer unberührten Wand. Das ist ein echtes Privileg, wenn man sich die Tatsache auf der Zunge zergehen lässt, dass da noch niemand vor uns raufgeklettert ist. Der Fels ist jedoch sehr geschlossen und kompakt und so kamen mobile Sicherungsmittel nur spärlich zum Einsatz. In 2 Tagen konnten wir die 5 Seillängen erstbegehen und verbrachten noch einen Tag in der Tour beim bouldern… Dann fanden wir beide keine Zeit mehr für dieses Projekt.

Heuer sollte es aber anders laufen. Ich war mehr oder weniger bei jedem Schönwetterfenster an der Großen Zinne in den Dolomiten unterwegs, um mit meinem Kumpel Much Mayr eine alte Technotour aus den 70ger Jahren zu befreien und Alex war mit einem Team in Pakistan.

Die „Spanierführe“ hat uns dermaßen gefesselt und gefordert, dass es eigentlich schwer zu beschreiben ist, was wir dort unten erleben durften. Die hohen Schwierigkeiten, die ständige Nässe der Schlüsselstelle, die rostigen alten Haken und der oftmals brüchige Zinnenfels machte das ganze Unternehmen zu einer unvergesslichen Reise. Ende August waren wir wieder am Start und Much gelang die erste Freie Begehung der schwersten Route an der Großen Zinne und der beeindruckensten Kletterei die ich bis dato gesehen hab. Was für ein genialer Tag und ich bin froh Much bei diesem Highlight begleitet zu haben. Psychisch und physisch eine riesen Challenge und echt undankbar.  Mich hat die Schlüsselseillänge leider abgeworfen, aber neue Saison neues Glück. 

Da es in Zinnen ohnehin zu kalt wurde, machte ich mich mit Alex auf den Weg zur Mauk. Am 3. Tag in der Tour kletterte ich alle Seillängen sturzfrei, nur Alex konnte leider die letzte schwere Länge

nichtmehr klettern, eine kraftige 7c+ mit coolem Abschluß, die Teambegehung war gescheitert, also wurde abseilen angesagt.

Eine Woche später, hat`s dann bei uns beiden geklappt und wir konnten unsere neue Route „Südwind“ befreien, wobei an diesem Tag ein eisiger Schneewind ging. Die Tour bietet durchwegs abwechslungsreiche und spannende Kletterei in besten Kaiserfels, die Hakenabstände sind sportlich und die Schlüsselseillänge echt speziell, ein abgefahrener Bewegungsboulder auf einem schönen grauen Streifen. 

Happy nach der geglückten Teambegehung vom „Südwind“

//Facts//

„Südwind“ Erste Rotpunkt am 30.09.2015 durch Alex Huber, Guido Unterwurzacher

(7c, 8a+, 7b+, 8a+/8b, 7c+, 6b, 3c+/4a, 1-2 zum Band)

Wiederholer brauchen nur 10 Expressschlingen und vielleicht 2 kleinere Friends in der 2. Seillänge.

Viel Spaß!

Guido

Scheffler/Siegert

Vor einigen Tagen machte ich mich zusammen mit meinem #dauerfürjedenblödsinnmotivierten Kumpel Simon Berger auf den Weg in den Wilden Kaiser, genauer gesagt zur Fleischbank Ostwand. Letztes Jahr gelang dem Oberaudorfer Roli Hemetzberger dort eine echt coole Aktion. Er befreite eine uralte Linie aus den 60ziger Jahren, die „Scheffler/Siegert“ 6-/A2 und bewertete die Route mit 10-/10, das ganze ohne Bohrhaken. Ein echtes Highlight also und genau das wollten wir mal genauer unter die Lupe nehmen. Gesagt, missverstanden, ausgedeutscht und getan.

Simon startete voll motiviert in die erste Seillänge, für 8- keine leichte Beute und stürzte. Er kletterte weiter zum Stand und ich konnte die Länge, dank Simons Tip gleich klettern. Die zweite Seillänge ist bereits die schwere. Ich klettere von Passage zu Passage, bouldere mir die Schlüsselstelle aus und komme ca. 15 Meter vor dem Stand wieder zu Simon runter. Er steigt ein und es läuft bereits ganz gut, er findet sogar noch eine kleine Leiste an der Schlüsselstelle und klettert noch einige Meter weiter als ich und schaut sich die obere Stelle auch noch an. Ich lasse ihn wieder ab, Simon meint es könnte vielleicht gehen, also lasse ich ihn nochmal ganz runter zum Einstieg, damit er die erste Seillänge auch noch durchsteigen kann. Wenig später ist er wieder bei mir am Stand und muss zugeben, dass er sich bei einer 8- selten so geplagt hat. 

Happy nach der Schlüssellänge!

Dann steige ich wieder ein. Nach wenigen Metern komme ich in einen super Fluss und der „Killerinstinkt“ erwacht und ich kann die Länge durchsteigen. Danach ist wieder Simon dran. Zirka in die Mitte der Länge rutscht ihm aber der Fuß weg und er fliegt ins Seil. Er redet irgendwas von „raufkommen und scheißdrauf“, aber ehe er mehr sagen konnte habe ich ihn schon wieder zum Stand runtergelassen und ihn motiviert es nach einer Pause nochmals zu versuchen. 10 Minuten später startet er erneut und auch er kann die Länge durchsteigen. Erst jetzt können wir unserer Freude Raum verschaffen und ein paar Schreie durch die Steinerne Rinne jagen. 

Die nächsten beiden 9- Längen gelangen uns auf Anhieb, haben uns aber nochmal Gas gegeben, auch der Hängestand ist nicht besonders gemütlich. Die restlichen leichten Seillängen sind der reinste Genuß und ausgerechnet in der letzten Seillänge hat mich ein recht großer flacher Stein so glücklich am Unterarm getroffen, dass ich nur eine kleine Prellung davonzog, wenn er mich unglücklicher getroffen hätte, wär sicher mehr zu Schaden gekommen. Aber ab und zu hat man eben Glück 😉

Angekommen am Nordgrat genießen wir noch kurz die Sonne und lassen uns den Tag nochmal durch den Kopf gehen, die schwerste bohrhakenfreie Route am Kaiser, im Team, an einem Tag rotpunkt, das mussten wir noch ein wenig einwirken lassen, ehe es uns zurück ins Tal, zu wohlverdientem Bier und Schnitzel, auf der Griesneralm zog.

Unser Respekt geht an Roli, der die Route und den bohrhakenfreien Stil bewahrt hat und dieses Juwel als erster freiklettern konnte!

Was für ein genialer Tag!

Facts:

„Scheffler/ Siegert“ (8, 10-, 9-, 9-, 5-, 6, 4, 4)

Erste Rotpunkt: Roli Hemetzberger 2014  

Odysee

Vor einigen Wochen war ich mal wieder mit meinem Kumpel Simon Berger am Kaiser unterwegs. Genauer gesagt die Fleischbank Ostwand, hat uns wiedermal gereizt.

Vor 31 Jahren konnten nämlich genau an dieser Wand Prem Darshano, Wolfgang Müller und co. eine äußerst kühne, rein mit fragwürdigen Normalhaken gesicherte Erstbegehung machen, die erst im Jahr 2002!! ihre erste Wiederholung durch Erich Weißsteiner und Chris Gröber bekam. Die Rede ist von der Route „Odysee“ 9-/9. Die Route gilt als die berüchtigste Tour am gesamten Kaiser Massiv und eine Rotpunktbegehung im Vorstieg der Schlüsselseillänge stand auch noch aus.

Grund genug also, um die Sache mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Die erste Seillänge im 4.Grad stellte keine große Hürde dar, die 2.Länge im Grad 8+ gab uns aber schon einen Vorgeschmak auf das, was uns heute noch erwarten wird. Ich checkte und putzte die Länge versenkte einen fragwürdigen Haken und kam wieder zum Stand zurück. Simon stürzte leider auch beim Flash Versuch und konnte die Länge dann im zweiten Anlauf klettern. Ich stieg sturzfrei nach. Dann checkte Simon die 55 Meter lange Verschneidung, die Schlüssellänge aus. Er war begeistert putzte ein wenig, fixierte das zweite Seil am Stand und seilte sich wieder zu mir herunter. Nun war ich an der Reihe. Ich zog das Seil ab und startete los. Dank Simons Tips und seiner motivierenden Zurufe gelang mir die geniale Länge mit den vielen, fragwürdigen Haken auf Anhieb, sprich im Flash. Simon fakelte auch nicht lange rum und stieg die Länge im Nachstieg durch. Die Freude war groß, aber haben wir uns zu früh gefreut???

Eindeutig!!

Die nächste Länge im 5.Grad war keine große Hürde, aber die drei letzten sollten uns nochmals richtig Gas geben. Eine 7+, 55 Meter mit 3 Normalhaken, verlangte vollste Entschlossenheit und Aufmerksamkeit. Ich kletterte los, in der Mitte der Länge wurde mir die Sache kurz zu heiß. Da ich nicht die optimale Sequenz fand, kehrte ich zum Stand zurück. Simon war an der Reihe, aber auch seine Vernunft nahm Überhand und so kam auch er wieder zum Stand zurück. Option Abseilen?? Kurz überlegt, aber dann wollte ich es doch nochmal wissen und siehe da fand ich die richtige Portion Entschlossenheit und die richtige Sequenz um ins Ungewisse zu klettern. Ich hängte die folgende 6er Länge gleich dran und nun trennte uns nur noch eine letzte 8- von der erfolgreichen Begehung. Simon konnte im Nachstieg die 7+ Platte sogar genießen, was ich nicht gerade behaupten kann. Nun war er wieder an der Reihe die letzte Kohle aus dem feuer zu holen. er schrubbte sich den breiten Riss nach oben, konnte nichts vertrauenswürdiges legen um über den letzten Überhang zu zwicken und kehrte nach langem Kampf völlig leer im Kopf zurück zum Stand. Nun war ich an der Reihe. Voll entschlossen gab ich nochmals alles und so konnten wir um 20:40 Uhr beim letzten Stand mit einem breitem Grinsen die Erleichterung genießen, die wohl kühnste Kaiser Tour im Team an einem Tag rotpunkt gemacht zu haben. Echt genial und ein echtes Abenteuer!

Uns hat die Tour echt gefordert und man sollte die Route auf keinen Fall unterschätzen, weite Stürze mit unkalkulierbaren Folgen sind durchaus eine realistische Option. Unser vollster Respekt gilt den Erstbegehern, die die Route im Jahr 1984 (mein Baujahr!), in diesem Stil erstbegehen konnten. Das Kletterkönnen hat sich in den letzten 30 Jahren rapide geändert, aber in Sachen Moral, Ethik und Eigenverantwortung war diese Tour sicher ihrer Zeit weit voraus.

Fakten:

„Odysee“ (4, 8+, 9-/9, 5, 7+, 6, 😎

Erstbegangen durch Prem Darshano, Wolfgang Müller und Gefährten im Jahr 1984

Ernsthafte Abenteuer Route (E 6-) Siehe in Markus Stadlers aktuellem Kaiser Führer: Sehr ernste Route. Kann über längere Passagen, auch in den schwierigen Seillängen nicht (bis schwer!) abgesichert werden. Stürze können fatale Folgen haben. Perfekter und kreativer Umgang mit allen Sicherungsmitteln erforderlich.

Also die, die es wild mögen, denen wird’s gefallen. 

Viel Spaß und aufpassen bei dieser irren Bergfahrt 😉

Muir Wall

Heuer im Frühjahr war ich zusammen mit meinen beiden Freunden Much Mayr und Ben Lepesant aus Innsbruck im kalifornischen Yosemite Valley. Unser Ziel war es, den 1000 Meter hohen El Capitan über eine schwierige Route frei zu klettern. Für Much, der bereits die großen El Cap Routen wie „El Nino“, „Golden Gate“, „Freerider“ und die „Salathe Wall“, freiklettern konnte, war daher die „Muir Wall“, bzw. „The Shaft“ ein logisches Ziel. Ben, der auch auf eine beachtliche Ausbeute an harten technischen Bigwalls zurückblicken kann, wollte uns, so gut es geht, bei unserer Mission unterstützen und zudem noch einige Bilder schießen. Für mich war es schon lange ein großes Ziel den El Cap freizuklettern. Im Oktober 2015 scheiterte ich mit meinem Kumpel Simon Berger nur haarscharf an einer erfolgreichen Begehung der „Golden Gate“. Den Traum, die goldgelbe Riesenwand eines Tages in freier Kletterei zu bewältigen, verwarf ich deswegen aber nicht. Im Gegenteil. Ich war umso motivierter, so schnell wie möglich ins Tal der Täler zurück zu kommen.

MAI 2016

Wir sind zurück. Nach dem üblichen Shoppingwahn und dem Anstellen in der Schlange vor dem Rangerhäuschen im Camp 4, versuchten wir zügigst unseren Jetlag an den umliegenden Boulderblöcken abzustreifen. Dann waren wir auch schon im sogenannten „Muir Blast“, den ersten 12 Seillängen der „Muir Wall“ unterwegs. Feinste El Cap Riss- und Verschneidungskletterei war die perfekte Einstimmung auf das, was uns in den nächsten Tagen in der Wand erwarten sollte. Die 5.13b (8a) Seillänge gelang uns beiden im zweiten Anlauf, beiden im Vorstieg, denn genau so wollten wir die Route angehen, die 5.13 er Längen beide im Vorstieg, den Rest klassisch im Überschlag.

Auf den „Heart Ledges“ trafen wir auf Ben, der über die eingerichtete Fixseilpiste bereits 30 Liter Wasser die Wand hoch geschliffen hatte und nebenbei noch einige coole Bilder von uns geschossen hat. Wir seilten ab und verbrachten die nächsten 3 Regentage in Oakhurst im Motel bei Sushi, DVD´s und Whirlpool.

Am nächsten Schönwettertag erwarteten uns die glatten Längen bis zu den „Gray Ledges“, welche wir auf Anhieb hinter uns bringen konnten. Wir errichteten unsere Portaledges und über uns baute sich die spiegelglatte Riesenverschneidung namens „Silverfish Corner“ 5.13b auf, welche eine der größten Hürden der Route darstellt. Diese Länge kostete uns den ganzen nächsten Tag. Much kletterte im 2.Versuch souverän bis wenige Meter unter den rettenden Stand, doch dann rutschte sein Fuß von einem der glatten Tritte und der Versuch war gescheitert. Für mich fühlte es sich nicht gerade vielversprechend an und nach 2 Versuchen beschlossen wir hitzebedingt eine lange Pause bis in den Abend einzulegen. Dann versuchte ich erneut mein Glück und kämpfte mich von Klemmer zu Klemmer und meine Skwamas blieben auf den Minitritten stehen. Es war ein echter Kampf und überglücklich erreichte ich den Stand. Ich hatte die Länge hinter mir. Jetzt fehlte nur noch Much. An dieser Stelle hätte ich echt nicht mit ihm tauschen wollen, es war bereits beim dämmrig werden und wir alle wussten, das wird der letzte Versuch des Tages werden. Anspannung und das Wissen, bei jedem Meter könnten die Füße rutschen, waren keine guten Begleiter, doch Much bewies wiedermal sein enormes Nervenkostüm und gab mehr als 100%. Es war ein echter Krimi und als er den Stand erreicht hatte, fiel die Anspannung von uns allen ab, wie ein schwerer Haulbag. Da wir nicht genug Proviant für die nächsten 4 Tage in der Wand dabei hatten, mussten wir mit den Stirnlampen abseilen. Zwei Tage später waren wir zurück, mit genug Wasser und Essen für unsren finalen Push. Der Tag begann mit der 5.13a Traverse, welche mir im 2.Versuch und Much im flash gelang. Danach folgten anstrengende Rissseillängen in allen Größen, ehe wir die berüchtigte „Death Block“- Seillänge erreichten, eine 5.12a-Tortur mit einer 4 Meter langen Wackelschuppe 600 Meter über dem Einstieg der Nose, wo zu jeder Tages- und Nachtzeit Betrieb herrscht. Man möchte sich also nicht vorstellen, welchen Schaden die Schuppe anrichten kann, wenn sie aus der Wand fliegt. Much meldete sich schon vorzeitig zum Vorstieg dieser Seillänge an, was mir nicht unrecht war. Unbeeindruckt rampfte, stemmte, schrubbte, drehte und quetschte er sich nach oben. Ich stieg die Länge mit der Stirnlampe nach und war froh, dass ich nicht das scharfe Ende des Seiles erwischt hatte. Im Dunkeln errichteten wir die Portaledges und verbrachten die Nacht im Hängestand. Am nächsten Morgen erwartete mich dann eine 5.12d „Sustained Stemming“ Seillänge zum Frühstück. Es fühlte sich tatsächlich so an, als ob ich das Frühstück dieser spiegelglatten Kaminverschneidung war. Ich kämpfte mich Zentimeter für Zentimeter nach oben und bald war mir klar, entweder jetzt oder nie. Ich wollte die Länge auf gar keinen Fall ein zweites Mal klettern. Meine Knie wurden trotz Knieschützer dermaßen ramponiert, dass ich glaubte, das kann jetzt nicht mehr gesund sein. 3 Meter unter dem Stand rutschte ich völlig entkräftet aus der Verschneidung. Es war zum Verzweifeln. Sollte hier alles enden? An dieser höllischen Kaminverschneidung? Auch Much erging es gleich und er boulderte sich die letzten Meter nochmals gut aus und legte mir nahe, dies auch zu tun. So stieg ich an den Jümars nochmals hinauf um Material, (Haut, Kraft, Motivation) zu sparen und fand eine für mich brauchbare Methode. Dann brachte Much das Ungetüm hinter sich. Meine grüne Gesichtsfarbe hatte sich nach der langen Pause wieder auf normal gestellt und auch ich konnte diese abgefahrene Länge klettern, die, wenn man weiß wie es geht irgendwie doch ganz cool zu klettern ist. Die nächsten Seillängen waren wie eine Erholung. Griffe und Tritte, wie schön doch das gewohnte Klettern sein kann. Wir errichteten unser Lager hoch oben in der Muir Wall, gönnten uns ein reichhaltiges Abendessen mit Thunfisch Burritos, Käse und Pürree und wussten, die härteste Nuss wartet noch auf uns, zwei Seillängen unter dem Ausstieg. 

Am nächsten Tag kletterten wir bis zur letzten 5.13c Verschneidung, boulderten diese im Schnelldurchlauf aus und in der Nacht und am Morgen wurden wir vom starken Wind in den Portaledges hin und hergeschüttelt. Wir wussten, die Länge wird uns nochmal alles abverlangen. Aber so ist das eben, am El Cap wird einem nichts geschenkt und wenn man so eine Tour freiklettern will, dann muss man mit jeder Herausforderung umgehen können. Ich war an der Reihe und konnte eigentlich recht schnell eine perfekte Sequenz finden. Das größte Problem war jedoch, sich die komplexen Bewegungsabläufe und Trittsequenzen zu merken. Auch Much fand eine für ihn passende Abfolge von spiegelglatten Reibungstritten um sich in der dünnen Fingerrissverschneidung nach oben zu arbeiten. Dann wagte ich einen ersten, etwas halbherzigen Versuch und scheiterte nur knapp, der Mikrokeil an der Schlüsselstelle war somit eingestürzt und hatte gehalten. Auch Much scheiterte nur knapp. Wir wussten wir können die Länge schaffen, die Kraft und die Haut auf den Fingern waren der limitierende Faktor. Wasser hätten wir zur Not noch für 2 Tage gehabt, allerdings sagte der Wetterbericht für die nächsten Tage, schlechtes Wetter voraus. Es ist schon ein abgefahrenes Gefühl, wenn man beinahe 1000 Meter Luft unter den Sohlen hat, in einer glasig, glatten Verschneidung, wo man bei jedem Zug ausrutschen kann, drinsteht und einfach daran glauben muss, dass man das jetzt schafft. Und genau das tat ich. Ohne Druck, ohne Erwartung und ohne Angst zu scheitern, stieg ich ein und wie entfesselt konnte ich diese letzte Hürde hinter mich bringen. Am Stand angekommen, konnte ich es kaum glauben. Meine erste El Cap Route in freier Kletterei. Der absolute Wahnsinn!!! Zurück am Stand umarmte mich Much und freute sich für mich, dass ich es geschafft hatte.  Das war aber erst die halbe Miete, denn nun lag es nochmal an Much, Nerven zu bewahren, doch genau darin liegt seine Stärke. Nach einer langen Pause machte er sich bereit und nach kurzer Zeit fand der Versuch sein Ende und zwar am Standplatz!!! Wir jubelten, freuten uns wie kleine Kinder und kletterten im Nieselregen über die leichten Ausstiegslängen. Für mich war ein langjährig gehegter Traum in Erfüllung gegangen und mit Much und Ben hatte ich die beiden perfekten Partner für dieses Unternehmen. Wenn ich die ganze Aktion in ein Wort packen müsste, dann würde ich wohl schreiben: DANKBARKEIT!!!

Mein großer Dank gilt auch meinen Sponsoren und Partnern für ihre großzügige Unterstützung, dass ich meine Kletterträume realisieren kann. 

Danke!!! Adidas Outdoor, Terrex, Adidas Sportseyewear, Petzl, Lasportiva, Rock´n Roll Mountainstore, Headstart, Pieps. 

Much: La Sportiva, Skylotec

Guido Unterwurzacher

Nach der Erstbegehung durch Tommy Caldwell und Justen Sjong (US), gelang Tobias Wolf und Thomas Hering (D) die erste Wiederholung, Alex Honnold (US) die zweite Wiederholung und Much Mayr und Guido Unterwurzacher die vermutlich dritte Wiederholung.

Buhl

Der „Original Buhlquergang“ an der Maukwestwand aus dem Jahre 1943, erstbegangen von Hermann Buhl, Wastl Weiß und Hans Reischl, stellte für viele Kletterer ein großes Fragezeichen dar. Wie hat das der Buhl gemacht, wie ist er da über diese plattigen, strukturlosen Wandstellen gekommen? Fragen über Fragen, ein Mythos entstand.

Die Zweitbegeher legeten ihre Variante etwa 6 Meter höher, unter dem Überhang verlaufend in ausgesetzter Kletterei nach rechts, ein kühnes Unterfangen, welches heute, nach der sogenannten „Sanierung“, gemütlich machbar ist. Man braucht sich einfach von einem Bolt zum nächsten, 1,5 Meter entfernten Bolt hangeln. Meiner Meinung nach, eine wahre Entstellung des Gesamtbildes der Route. Aber naja…

Am 5.März machten sich Christian „Hechei“ HechenbergerRaphael Schweinbergerund ich auf den Weg zur Westwand. Wir wollen das Rätsel „Buhlquergang“ lösen, zumindest versuchen wollen wirs. Ohne eine Vorstellung was auf uns zukommt, klettern wir in dreier Seilschaft nach oben. Die Kletterei ist fantastisch, und im „Woll-Woll“ bekommt man einen kleinen Geschmak davon was die Erstbegeher geleistet haben. Wahnsinn! Angekommen vor dem sagenumwobenen „Quergang“ machen sich kurz Nervosität und Zweifel breit. Sieht verdammt glatt aus. Nichts destotrotz starte ich einen ersten, zaghaften Versuch. Ich komme an einen Haken welcher 20cm aus einem Loch heraussteht. drüber ist ein weiterer, der mir einen vertrauenswürdigeren Eindruck macht. Ich verbinde die Haken und starte mittels Seilzug meinen „Quergang“ nach rechts, in die glatte, strukturlose Platte. Nach ca. 15 Metern stehe ich auf flachen, jedoch passablen Tritten und versuche einen Messerhaken in eine kleine Untergriffschuppe zu schlagen. Der Haken hält gerade mal mein Körpergewicht, an einen Sturz garnicht zu denken und die Folgen des Sturzes wären wohl auf der schmerzhaften Seite. Die Vernunft zwingt mich zurück zum Ausgangspunkt zu kehren. Plan B. 

Hechei und Raphi versuchten sich an die Geschichte der Erstbegehung zu erinnern und sagen zu mir, ich solle versuchen auf den Haken, der soweit heraussteht, drauf zu steigen, denn weiter oben sieht es dann tatsächlich so aus, als ob ich einen brauchbaren Haken schlagen könnte. Gesagt, getan und siehe da der Plan geht auf.

Am Seil hängend quere ich nun nach rechts und erreiche die original Haken von Hermann Buhl. Aber ein Gedanke ging mir seit diesem Seilzugquergang nicht mehr aus dem Kopf. Ist die Länge auch „frei“ machbar? 

Ich klettere bis hinaus zu den Bolts, mache Stand und Hechei und Raphi sehen dass das wohl noch nicht alles, nein sogar erst der Anfang war. Ich war zu hoch hinauf geklettert, denn die Haken gehen weietr raus nacht rechts in den steilen grauen Kaiserfels. Beim abseilen schaue ich nochmal selber nach, tatsächlich das ist die Linie der Erstbegeher. Wie ein Labyrinth zieht die Linie ausgesetzt nach rechts. Es ist kalt, wir seilen ab, sind voll zufrieden, denn jetzt wissen wir zumindest mal wie und wo es geht. Doch ich muss wiederkommen, so schnell es geht!

12. März 2011

Hechei und ich stehen erneut unter der grauen Mauer der Mauk. Heute wollen wirs wissen. Die ganze Woche schon beschäftigt mich die Route, immer wieder denke ich an die glatte strukturlose Platte. Vielleicht geht ja was her, ein paar kleine Griffe hab ich schon gesehn! Ich muss es probieren! 

Zügig klettern wir im Überschlag die ersten 7 Seillängen hinauf, heute läufts super. Vor der Querung machen wir kurz Pause. Trinken einen Schluck, ich hänge mir das Matrial an den Gurt von dem ich glaube es zu brauchen. 

Dann starte ich los, klettere den Haken an, hänge eines der Zwillingsseile ein und klettere wieder runter zu den guten Griffen. Jetzt wirds ernst. Plötzlich rutscht der Schuh und ich hänge unweit tiefer im Seil. Beim nächsten Versuch gebe ich alles und ergreife die Flucht nach vorne. Es läuft, ich kämpfe und kann mich irgendwie an der technischen Platte halten, jetzt nur nicht nervös werden. Einige herzhafte Aufsteher und Trittwechsel später, stehe ich im „Nohand“ am Stand. Das war knapp!!

Die nächste Länge ist äußerst abgefahern, eine ausgesetzte Querung nach rechts an alten Haken, gefolgt von einer würzigen Abkletterstelle, weiter gehts an kleinen Griffen, gefolgt von einer Stelle an der man einiges an Bereitschaft braucht. Die Letzten Meter sind vom feinsten aber man muss wirklich ständig dranbleiben.

Ein Griffausbruch nahe am Ende der Länge vermasselte das „onsight“ aber egal, dafür hat der alte, rostige Haken den Sturz gehalten. Zurück zum Stand! Hechei motiviert mich mit seinen Worten und im zweiten Versuch hab ich mich dann mittels „Fight“ bis zum Stand gerettet. Ein lauter Schrei der Erleichterung, Hechei kommt nach. Wir habens geschafft unsere Mission ist erfüllt, der „Original Buhlquergang“ ist wiederholt und befreit. 

FÄCTS

Schwierigkeiten

9- (1. SL der orig. Querung) 

8+ (2.SL der orig. Querung) 

Alle nötigen Zwischenhaken sind vorhanden, wir haben vier neue Schlaghaken hinterlassen. Friends bis #3 lassen sich gut einsetzen.

Viel Spaß mit diesem Kaiser Highlight! 

In diesem Sinne „Keep the Spirit alive!!!“